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WRC, Portugal-Rallye

19. bis 22. Mai 2016
Stnr. 16: Henning Solberg (NOR)/Ilka Minor (AUT) Ford Fiesta RS WRC
Platz 27

HEISSES RALLYE-WOCHENENDE

Mit Zuschauerbier und seiner feuerfesten Unterwäsche konnte Henning Solberg den lodernden Fiesta löschen, während Ilka Minor das Feld vor einem Stein warnte. Insgesamt blickt die Österreicherin auf eine anstrengende, aber schöne Portugal-Rallye zurück.

Ein starkes Starterfeld, die Creme de la Creme des internationalen Rallyesports war am vergangenen Wochenende bei der Rally de Portugal am Start, darunter auch Österreichs zurzeit einziger Rallye-Export Ilka Minor, an der Seite von Henning Solberg, der einmal mehr einen privaten Ford Fiesta RS WRC zündete.

Eröffnet wurde die Rallye am Donnerstagabend mit einer 3,36 Kilometer kurzen Superspecialprüfung in Lousada. Ilka Minor erzählt: „Henning war mit seinen Gedanken irgendwo. Er war abgelenkt, weil das Getriebe beim Herunterschalten nicht so schnell reagiert, wie er es haben möchte. Er hat dann zu früh abgedreht, er kennt den Kurs, wahrscheinlich hat er gar nicht auf meine Ansage gehört. Das Ganze hat maximal zwei Sekunden gekostet, dennoch hat er sich darüber natürlich ein wenig geärgert.“

Highspeedcrash

Auch am Freitag, auf den Schotterprüfungen, hat Solberg mit der Schaltung gekämpft – bis auf SP7 ein Stein für ein jähes Ende sorgt, noch dazu bei Höchstgeschwindigkeit. Ilka berichtet: „Der Stein lag genau in der Ideallinie – an einer Stelle, wo du in den Begrenzer kommst. Wir sind nach dem Aufprall seitlich runtergerutscht, wir konnten froh sein, dass es nicht weiter runterging. Das Auto ist leicht hinten gehangen – so dürfte heißes Öl nach hinten geronnen sein, erst fünf bis sechs Minuten später hat sich dieses Öl entzündet und das Auto begann zu lodern.“

Henning Solberg reagierte ungewöhnlich, aber effektiv. Ilka: „Während ich auf der Strecke die herankommenden Autos etwas gebremst habe, damit sie nicht ebenfalls abfliegen, hat Henning sein feuerfestes Shirt ausgezogen und mit dem Bier eines Zuschauers getränkt, so konnte er die Flammen ersticken. Da unser Auto dort nicht mehr von selbst herauskam, war der Tag für uns gelaufen, doch es standen nur mehr zwei kurze Asphalt-Prüfungen in der Stadt auf dem Programm. Als dann einer der Abschleppwägen unser Auto herausgezogen hatte, konnten wir selbständig ins Service fahren, dort wurde der Wagen dann binnen drei Stunden wieder auf Vordermann gebracht.“

Voll am Limit – trotzdem keine Zeiten

Am Samstagvormittag stellte sich bald das nächste Problem ein: „Wir haben gleich bemerkt, das mit dem hinteren Differenzial etwas nicht stimmt, am Ende hatten wir nur mehr Vorderradantrieb. Die Mechaniker haben im Mittagsservice das Differenzial getauscht, sodass der Wagen am Nachmittag wieder okay war. Wir haben halt versucht, unter den Umständen so gut wie möglich zu fahren. Am Sonntag wollten wir einen Zahn zulegen – wir sind voll am Limit gefahren, doch die Zeiten waren trotzdem nicht sonderlich ansprechend.“

Alles in allem blickt Ilka Minor auf ein intensives Wochenende zurück: „Das war eine wirklich schöne Rallye. Es waren viele Fans an den Strecken – ungewohnt war nur, dass sie aus Sicherheitsgründen nur noch in Blöcken auftauchen, früher war die gesamte Strecke mit Fans gesäumt. Die Rallye war sehr anstrengend, es waren lange Tage – am Sonntag beispielsweise ist es schon um 5.15 Uhr losgegangen, da musste man um 4 Uhr aus den Federn.“

SMS von Oscar Solberg

Dass Henning Solberg immer wieder auf sein Handy blickte, um SMS zu lesen, hatte einen ganz besonderen Grund: Sein Sohn Oscar startete in einem Ford Fiesta R2. Ilka erzählt: „Oscar war gut dabei, es war erst seine siebente oder achte Rallye. Am ersten Tag hat er sich überschlagen, doch dann konnte er einen guten Speed fahren. Auch Bernardo Sousa fuhr mit einem Fiesta R2T, so konnten sich die jungen Piloten mit ihm messen. Am Schluss lag Oscar nur noch 44 Sekunden hinter Sousa, das ist sehr gut für einen so jungen Fahrer.“

Übernachtet haben Henning Solberg, Oscar Solberg und dessen Copilot Patrick Barth allesamt in einem Hotelzimmer. Ilka zuckt mit den Achseln: „Das ist für Norweger ganz normal, die sehen das ein bisschen lockerer als wir.“ Und wer hat bei Ilka im Zimmer übernachtet? Ilka lacht: „Niemand! Das würde ich nicht aushalten…“

15.05.2016

WRC, Portugal-Rallye: VORSCHAU
19. bis 22. Mai 2016
Stnr. 16: Henning Solberg (NOR)/Ilka Minor (AUT) Ford Fiesta RS WRC

ALLES OFFEN IM STARKEN PORTUGAL-STARTERFELD

19 World Rally Cars auf den Strecken rund um Porto – am Start auch Henning Solberg und Ilka Minor. Österreichs einziger Stern am WRC-Himmel verrät, warum man diesmal trotz positiver Portugal-Bilanz (Platz fünf mit Solberg 2014, Platz vier mit Novikov 2013) keine Prognose erstellen kann…

Argentina 2016 HS030In der jüngeren Vergangenheit kann Ilka Minor auf eine erfolgreiche Bilanz bei der Portugal-Rallye blicken: 2013 belegte sie dort mit dem jungen Russen Evgeny Novikov Platz vier, im Jahr 2014 landete sie mit Henning Solberg auf Platz fünf…

Einen allzu großen Optimismus möchte Ilka, die am kommenden Wochenende wieder an der Seite von Privatier Henning Solberg im Ford Fiesta RS WRC Platz nehmen wird, deshalb jedoch nicht verbreiten – und das hat seinen Grund: „Die Portugal-Rallye ist im Vorjahr von Faro nach Porto übersiedelt, viele unserer Mitbewerber kennen die Strecken aus dem Vorjahr, sie werden heuer zu 90 Prozent in gleicher Konstellation gefahren.“

Diese Übersiedlung war streng genommen eine Rückkehr, denn in den frühen 2000er-Jahren fuhr die Weltmeisterschaft bereits in Porto. Doch Ilka relativiert: „Von den jungen Piloten, die hier am Start sind, kennt nahezu keiner mehr die Prüfungen rund um Porto.“ Wohl aber den Fafe Sprint, der in den letzten Jahren als Aufwärm-Event im Vorfeld der Portugal-Rallye abgehalten wurde.

Spektakuläre Sprünge

Argentina 2016 HS021Diese, für ihre spektakulären Sprünge bekannte, Schotterstrecke wird am letzten Rallyetag als SP17 sowie als abschließende Powerstage SP19 abgehalten. Darauf freut sich Ilka Minor ganz besonders: „Mit Evgeny bin ich beim Fafe Sprint zwar gleich dem Ausscheidungs-Modus zum Opfer gefallen und somit konnten wir dort nur einmal fahren, doch die Sprünge sind wirklich großartig, da sind irrsinnige viele Fans an der Strecke, das macht Sinn!“

Kann Ilka beim Lesen des Aufschriebs die vielen Fans tatsächlich sehen oder spürt sie diese nur? Ilka erklärt: „Natürlich sehe ich, wenn da viele Leute an der Strecke stehen – freilich kann ich keine Einzelpersonen erkennen, es fällt einem maximal die eine oder andere Österreich-Flagge auf, falls Fans aus der Heimat vor Ort sind.“

Eine Prognose oder Einschätzung ihrer Chancen bei diesem WM-Lauf möchte Ilka Minor ganz bewusst nicht abgeben: „Wir haben ein sehr starkes Starterfeld mit insgesamt 19 World Rally Cars, es sind neben den bekannten Größen starke Fahrer wie Kevin Abbring oder Stefan Lefebvre am Start, ich kann unsere Chancen daher nur schwer einschätzen. Eines kann ich ganz sicher sagen: Wir werden, wie immer, unser Bestes versuchen, den Rest werden wir sehen.“

Weißes Blatt Papier

Da auch Henning Solberg im Vorjahr nicht in Portugal am Start war, steht das norwegisch-österreichische Duo vor komplett neuen Sonderprüfungen. Ilka erklärt: „Es gibt Videos, die der Veranstalter zur Verfügung stellt – doch anhand dieser Videos kannst du keinen Aufschrieb erstellen. Das macht wenig Sinn und das machen auch nur wenige in der Weltmeisterschaft, wie zum Beispiel Mads Östberg. Doch letztendlich bist du bei der Besichtigung dann nur noch am Ausbessern, da beginne ich lieber mit einem weißen Blatt Papier.“

Argentina 2016 HS025Für Ilka Minor wird die Portugal-Rallye bereits der 121. WM-Lauf sein – ob sie sich an alle erinnern kann? Ilka lacht: „Ich bin schon froh, wenn ich mich an die letzte Rallye erinnern kann. Ich bin nicht so der Mensch, der sich Dinge auf ewig merkt.“ Mit einem Augenzwinkern fügt Ilka hinzu: „Okay, bei Henning Solberg weiß ich auch nach längeren Pausen noch, wie er aussieht – da kann ich Namen und Optik miteinander verbinden. Scherz beiseite: Ich habe eher ein optisches Gedächtnis. Wenn ich bei der Besichtigung am Start einer mir bekannten Sonderprüfung stehe, fallen mir sofort wieder die relevanten Dinge ein, auf die man achten muss. Doch diesmal fangen wir ja bei Null an.“

Die Besichtigung beginnt am Dienstag, schon am Montag steigt Ilka in den Flieger nach Lissabon, von wo es nach Porto weitergeht. Dass es der Pfingstmontag ist, spielt natürlich keine Rolle: „Im Rallyesport gibt es keine Feiertage.“