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FIA Cross Country Rally World Cup, Baja Poland

25. bis 28. August 2016
Stnr. 104: Martin Prokop (CZE)/Ilka Minor (AUT) Ford F150 Raptor
Platz 6

DAS NEUE ABENTEUER CROSS COUNTRY

An der Seite von Martin Prokop absolvierte Ilka Minor am vergangenen Wochenende ihre erste Marathonrallye – das Duo konnte trotz eines Intercom-Ausfalls und eines abenteuerlichen Reifenschadens den guten sechsten Platz belegen.

Nach Stettin zog es Ilka Minor in der vergangenen Woche – in dem an der Ostsee gelegenen Gebiet rund um die polnische Hafenstadt eröffnete die in Wien lebende Kärntnerin ein völlig neues Kapitel ihrer Copilotenkarriere: Nach über 100 Weltmeisterschafts-Rallyes nahm Ilka an der Seite des erfolgreichsten tschechischen Rallyepiloten Martin Prokop zum ersten Mal an einem Lauf zum FIA Cross Country Rally World Cup teil. Solche Rallyes werden auch als Marathonrallyes bezeichnet, die berühmteste Veranstaltung dieser Sorte ist wohlbekannt: die Rallye Dakar.

Am vergangenen Wochenende stand für Martin Prokop und Ilka Minor die Baja Polen auf dem Programm, eingesetzt wurde ein Ford F150 Raptor. Beim Marathonrallye-Debüt war starke Konkurrenz am Start, zu den bekannten Größen gehören Nasser Al-Attiyah, Xavier Pons oder der polnische Pilot Krzysztof Holowczyc…

Nur Roadbook und Kompass

Einer der größten Unterschiede ergab sich für Ilka Minor aus der Tatsache, dass bei Marathonrallyes keine Besichtigung der Sonderprüfungen stattfindet. Ilka erklärt: „Man erhält normalerweise am Tag davor ein Roadbook, bei der Baja Polen gab es die Roadbooks für beide Tage am Tag vor der Veranstaltung. Du kannst in der Nacht vor dem Start die Vorbereitungsarbeiten durchführen, brauchst aber auch genügend Schlaf. Eine der Prüfungen war 175 Kilometer lang und führte zum Teil durch ein richtiges Niemandsland. Du kannst dir mit Leuchtstift wichtige Stellen markieren wie enge oder wellige Passagen oder Sprünge. Man kann auch auf Google Earth die Strecke verfolgen, doch das ist nicht immer möglich – eine Passage führte über einen Truppenübungsplatz, wo du im Google Earth nur eine riesengroße Wiese erkennen konntest, die mit Straßen übersät ist.“

Der Beifahrer wird solchermaßen zum echten Navigator – der Pilot muss über die Geschwindigkeit, mit der er Kurven nimmt, spontan entscheiden. Bei manchen Events werden gewisse Passagen überhaupt nur mit einem Kompass absolviert, da gibt es dann nicht einmal ein Roadbook…

Begonnen hat die Baja Polen auf gewohntem Terrain: Auf einem sieben Kilometer kurzen Prolog wurde die Startreihenfolge der Spitzenteams ausgekämpft, die Top 10-Teams durften ihre Startpositionen frei wählen. Als siebtschnellstes Team wählten Prokop und Minor dann auch Startposition sieben.

Intercom-Ausfall, Reifenwechsel & öffentliches Tanken

Baja Poland - Prokop-Minor 01Als Orientierung dienten Prokop und Minor in der ungewohnten Umgebung die bekannten Spitzenpiloten, allen voran der mehrfache Cross Country Champion Nasser Al-Attiyah. Ilka erzählt: „Auf der ersten 175km-Prüfung fiel zur Hälfte die Gegensprechanlage aus, ich musste den zweiten Teil via Handzeichen ansagen – trotzdem fehlten uns auf Nasser nur 1,4 Sekunden pro Kilometer, das ist in diesem Sport kein wirklich großer Rückstand, zumal Nasser dort wirklich das Maß aller Dinge darstellt. Auch Xavier Pons ist im Cross Country mittlerweile eine bekannte Größe und er lag eigentlich stets hinter uns – außer auf der zweiten Fahrt über die lange 175km-SP, denn da hatten wir einen Reifenschaden.“

Baja Poland - Prokop-Minor 02Passiert ist dieser auf abenteuerliche Art und Weise: „Wir sind nach rund 80 Kilometern auf den Vordermann aufgelaufen – du darfst, wenn du bis auf 200 Meter an ihn herankommst ein Signal absenden, dann muss er dich vorbeilassen. Doch es gab dermaßen viel Staub, dass wir nicht nah genug an ihn herangekommen sind. Etwa 20 Kilometer vor dem Ziel haben wir dann im Staub von unserem Vordermann einen Baumstumpf getroffen und den Reifen beschädigt – wir sind damit weitergefahren, im Laufe der letzten Kilometer wurde immer mehr beschädigt, erst nach der Prüfung konnten wir den Reifen wechseln.“

Wobei Martin Prokop dermaßen erschöpft von der konzentrierten Fahrt über die doch ungewohnt lange Distanz war, dass Ilka kurzerhand alleine den Reifenwechsel vorgenommen hat. Ilka lacht: „Zum Glück bin ich top trainiert, denn so ein Reifen wiegt satte 38 Kilogramm.“ Lediglich beim Tanken muss Ilka passen: „Der Wagen ist ziemlich hoch und der Tankstutzen weit oben platziert, da bin ich einfach zu klein dafür. Aber ich fand es lustig: Du fährst in der Früh hinaus zur Tankstelle und betankst dein Auto selbst.“

Leben in der Wildnis

Das Leben in der „Wildnis“ hat es Ilka Minor ohnehin angetan: „Martin betreibt ein kleines, aber sehr feines Team: Wir hatten ein Wohnmobil, in dem vier Leute inklusive Martin und mir geschlafen haben, dazu haben weitere vier Teammitglieder in Zelten geschlafen sowie ein weiterer Mechaniker im LKW. Am Abend sitzt man gemütlich zusammen, dreht ein wenig die Musik auf, die Teams besuchen einander, man plaudert. Das gefällt mir.“
Ohne Intercom-Ausfall und Reifenschaden wäre noch mehr möglich gewesen – letztendlich konnte man die Baja Polen auf dem guten sechsten Platz beenden.