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WRC, Argentinien-Rallye

21. bis 24. April 2016
Stnr. 16: Henning Solberg (NOR)/Ilka Minor (AUT) Ford Fiesta RS WRC
Platz 9

„DIESE RALLYE HAT RICHTIG SPASS GEMACHT"

Plötzlich auftauchende Steine, Differenzial- und Servo-Ausfälle sowie ein Blindflug im dichten Nebel konnten Henning Solberg und Ilka Minor nicht aufhalten. Das Duo belegte bei der Argentinien-Rallye Platz neun – Platz sieben wäre möglich gewesen. Ins Schwärmen gerät Ilka, wenn sie von den euphorischen Fans am Streckenrand erzählt…

„In Argentinien scheint es einen regnerischen Sommer gegeben zu haben“, vermutet Ilka Minor. Denn die Sonderprüfungen in Argentinien, wo bereits der Herbst ausgebrochen ist, waren zwar „sehr cool“, aber auch „sehr ausgewaschen“, erzählt Ilka, die im „Land der Gauchos“ an der Seite von Henning Solberg den WM-Lauf absolviert hat. Vor allem auf den Prüfungen im Süden des Landes hatte der besonders lose Untergrund zur Folge, dass „recht rasch die Steine herausgekommen sind“, berichtet Ilka. Die unangenehme Folge: „Man ist schon ziemlich überrascht, wenn du um die Ecke kommst und dann taucht plötzlich ein solcher Stein auf. Zum Glück ist niemandem etwas passiert, denn das ist nicht ungefährlich.“

Am Freitag lief es für das norwegisch-österreichische Duo im Ford Fiesta RS WRC prächtig, obwohl am Vormittag ein defektes hinteres Differenzial Zeit kostete – nach neun Sonderprüfungen lagen Henning Solberg und Ilka Minor auf dem tollen siebten Gesamtrang, als bestplatziertes Privatteam.

Auch am Samstag lief es nicht ohne technische Probleme – fünf Kilometer vor dem Ziel der ersten Prüfung setzten Ausfälle der Servolenkung dem Norweger zu. Ilka erklärt: „Das ist natürlich schwierig, da kannst du noch so gut trainiert sein, das geht ordentlich an die Substanz.“

23 Kilometer Natur pur

Von den Samstags-Sonderprüfungen zeigt sich Ilka begeistert: „Das waren sehr schnelle Strecken – eine drei Kilometer lange Passage war komplett voll zu fahren. Die zweite Prüfung war 38 Kilometer lang – und ab dem 15. Kilometer gab es keine Zuschauer mehr. Das war sehr eigenartig – doch wir wussten natürlich, warum hier keine Fans mehr standen.“

Der Hintergrund: Weil es im Vorjahr Probleme mit dem Zuschauerandrang gab, hat die Oberste Sportbehörde FIA dem Veranstalter auferlegt, dass auf den letzten 23 Kilometern der SP „Los Gigantes-Cantera El Condor“ keine Zuschauer an der Strecke stehen dürfen, weil die gesamte Länge dieser Strecke nicht überprüfbar gewesen wäre. Ilka lacht: „Wenn du dort einen Ausritt hast, gibt es keine Fans, die dir wieder auf die Strecke helfen. Jari-Matti Latvala kann das wohl bestätigen – obwohl er nach seinem Unfall im zweiten Durchgang Glück hatte, da ihn ein Hubschrauber erspäht hat.“ Auf der gleichen Prüfung verloren Solberg/Minor ihren siebten Platz an den argentinischen Lokalmatador Marcos Ligato.

„The Fog“ kostete Platz sieben

Am Sonntagvormittag schließlich rutschte man auf Platz neun ab – der Hintergrund: Auf der morgendlichen Kult-Sonderprüfung „El Condor“ gab es starken Nebel. Ilka erklärt: „Ich dachte immer, dass ich im Nebel schlecht sehen würde – aber bei Henning ist es noch viel schlimmer. Doch es war ohnehin klar, dass wir Thierry Neuville nicht hinter uns halten können.“ Wohl aber M-Sport-Pilot Eric Camilli, der zuvor stets hinter Solberg/Minor lag und auf der Nebelprüfung vorpreschen konnte.

Als sich die Schwaden lichteten, kam – ganz im Gegensatz zum Horror-Klassiker von John Carpenter namens „The Fog“ oder „Nebel des Grauens“ – Freude auf. Denn am Streckenrand standen unzählige begeisterte Fans…

„Unglaubliche Euphorie“

Ilka gerät ins Schwärmen: „Das ist eine Euphorie, die man sich nicht vorstellen kann. Laut Veranstalter waren es mehr als 100.000 Fans nur auf den Sonntagsprüfungen. Schon am Samstag wurde um 16 Uhr zugemacht, weil sich so viele Fans angestellt haben – sie haben die Nacht im Freien verbracht, um am Sonntag dabei sein zu können. Auf der Hauptstraße gab es Party, mit Grillerei und allem, was dazugehört. Und wenn du auf der Verbindungsstrecke stehen geblieben bist, kamen sofort Fans, die Autogramme oder ein Foto mit dir wollten. Es sind sehr herzliche und euphorische Menschen – wenn sie an der Strecke stehen und dich anfeuern, beflügelt einen das schon sehr.“

Makabre Witze im Flieger

Bitter-süffisanter Nachsatz: „Vorausgesetzt natürlich, wenn du sie sehen kannst und keine Nebelwand dazwischen steht.“ Dass man im besagten Nebel einen möglichen siebten Platz verloren hat, wurmt Ilka jedoch nicht allzu sehr: „Ich denke, dass wir auch mit Platz neun sehr zufrieden sein können, wir haben erneut Punkte holen können und diese Rallye hat richtig Spaß gemacht. Mir gefällt die Atmosphäre dort so gut, dass ich mir durchaus vorstellen kann, das auch einmal von der anderen, der Publikumsseite aus zu genießen.“

Wenn da nicht die beschwerliche lange Flugreise wäre. Auf dem Heimflug befand sich beinahe der gesamte WM-Zirkus im Flieger. Ilka lacht: „Wenn wir abgestürzt wären, hätte der Promotor ein Problem, im Flieger saß unter anderen das komplette Volkswagen- und das Hyundai-Werksteam.“ Den schwarzen Humor der Ilka Minor genießen lernte jener Reisende, der das Pech hatte, zwischen Ilka und ihrer makabren Witzen ebenfalls nicht abgeneigten Kollegin Kathi Wüstenhagen zu sitzen. Die beiden Copilotinnen hatten jedenfalls ihren Spaß im Flugzeugcockpit…

17.04.2016

WRC, Argentinien-Rallye: Vorschau
21. bis 24. April2016
Stnr. 16: Henning Solberg (NOR)/Ilka Minor (AUT) Ford Fiesta RS WRC

Das grosse Abenteuer Argentinien-Rallye

Eine beschwerliche An- und Heimreise – dafür Rallyesport auf schwierigen Prüfungen vor begeisterten Fans. Die Argentinien-Rallye kennen Henning Solberg und Ilka Minor, beide waren dort bereits erfolgreich, doch gemeinsam haben sie das Abenteuer noch nicht absolviert. Jetzt ist es so weit!

Als Henning Solberg zuletzt die Argentinien-Rallye absolviert hatte, im Jahr 2009, mit Cato Menkerud, landete er als Dritter auf dem Podium – auch Ilka Minor war bereits erfolgreich in Argentinien unterwegs: Mit Manfred Stohl wurde sie dort im Jahr 2006 Vierte, auch mit Evgeny Novikov landete sie im Jahr 2013 auf Platz vier.

Allerdings: Gemeinsam sind Henning Solberg und Ilka Minor noch nie im „Land der Gauchos“ angetreten – für Ilka ist das kein Grund zur Besorgnis: „Es ist eine Schotter-Rallye und der lose Untergrund sollte Henning liegen, das ist gut für ihn. Es sind nur zwölf World Rally Cars am Start, also könnten sich WM-Punkte ausgehen.“

Einer der schönsten Plätze der Welt“

Zwar wäre Argentinien für Ilka Minor als Urlaubsort zu weit entfernt, dennoch ist die Vorfreude auf diese Rallye besonders groß. Ilka nickt: „Wer die letzten Jahre die Dakar-Rallye beobachtet hat, der weiß, dass die Stimmung dort immer sehr cool ist, die Atmosphäre ist in Argentinien immer stark, die Fans sind euphorisch und fiebern mit. Argentinien gehört in punkto Rallyesport durchaus zu den schönsten Plätzen der Welt.“

Was Ilka zudem freut: „Die Strecken sind schwer. Wobei mir eher die Sonderprüfungen gefallen, die am ersten Tag gefahren werden. Das sind schnelle und auch flüssige Strecken, wo du leicht in einen Rhythmus kommst. Diese Prüfungen gefallen mir viel besser als die weltberühmten Argentinien-Prüfungen ‚Mina Clavero‘ und ‚El Condor‘ – da wird auf einen Berg hinauf und wieder herunter gefahren, aber da kommt man nicht so leicht in einen Rhythmus.“

Superspecialprüfung in Cordoba

Schon am Dienstag geht es los mit der Besichtigung, diese nimmt viel Zeit in Anspruch – die Teilnehmer sind praktisch den ganzen Tag unterwegs. Am Donnerstag steigt bei Carlos Paz, wo auch der Servicepark errichtet wird, ein Shakedown, am Abend wird in Cordoba die Rallye mit einer Superspecialprüfung eröffnet: „Da fahren wir jedoch nicht in dem Stadion, in dem unsere Fußballer 1978 ihr Wunder vollbrachten, sondern irgendwo in der Stadt.“

Wenn Ilka am Sonntag vor der Rallye in Richtung Flughafen fährt, kann sie noch einmal den Frühling in Österreich genießen – denn in Argentinien herrscht derzeit Herbst, Regenwetter ist zu erwarten.

Die Reise ist beschwerlich: „Es ist in Sachen Jetlag in diese Richtung schlimm – du gewinnst zwar theoretisch ein paar Stunden, aber dafür wirst du in der ersten Nacht schon um 1 Uhr munter, weil du innerlich noch auf unsere Zeit eingestellt bist.“

Harte Thriller gegen Schlaflosigkeit

Zunächst fliegt Ilka von Wien nach Frankfurt – von dort geht es weiter mit einem 11,5 Stunden andauernden Non-Stop-Nachtflug. Im Flugzeug versucht Ilka zu schlafen – wenn das nicht möglich sein sollte, liest sie gerne Bücher. Welche? Ilka verrät: „Ich lese gerne Thriller, neuere Sachen, das gefällt mir.“ Richtig harter Stoff mit Mordfällen und gezogener Pistole? Ilka lacht: „Es muss nicht unbedingt erschießen sein, es gibt ja verschiedene Arten von Mord. Aber ein paar Leichen sollte es schon geben.“ Ein krasser Widerspruch zur Realität – denn wer Ilka Minor kennt, der weiß, dass sie zwar hart trainiert, ansonsten jedoch mit Gewalt rein gar nichts anfangen kann.

Apropos: Auf ihr Fitnesstraining muss die ausgebildete Personal Trainerin in Argentinien verzichten: „Dazu ist der Zeitplan leider viel zu eng geknüpft.“ Schon am Montagmorgen nach der Rallye geht es wieder in Richtung Heimat – erst am Dienstag wird Ilka wieder heimischen Boden betreten, hoffentlich mit einigen WM-Punkten auf dem Konto…